Recap: KI-Tools-Day 2025

Praxisnahe KI-Lösungen für Steuerkanzleien

Ein Polaroidfoto, das mit einer Stecknadel befestigt ist. Daneben Portrait des Autors. Bild: @dstv

Ein Beitrag von Luisa Stalla

Der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) veranstaltete am 21. Mai 2025 mit dem KI-Tools-Day erstmals eine digitale Fachveranstaltung für Steuerkanzleien, die sich voll und ganz praxisnahen KI-Anwendungen widmete. Über 500 Teilnehmende aus Kanzleien, Fachverlagen, Softwarehäusern und Institutionen nahmen daran teil. Ziel der Veranstaltung war es, einen realistischen Blick auf den Status quo der KI-Nutzung in der Steuerberatung zu werfen, jenseits überzogener Versprechungen und mit klarem Zukunftsfokus.

In einem abwechslungsreichen Programm aus Softwareeinblicken, Anwendungsbeispielen und Panels wurde gezeigt, wie Künstliche Intelligenz konkret zur Effizienzsteigerung in Kanzleien beitragen kann. Zentral war dabei die Botschaft, dass KI angekommen ist. Nun geht es um Umsetzung, Integration und Verantwortung.

Luisa Stalla

Luisa Stalla

Managerin Digitale Transformation @DStV
🧪 Praxisfokus: Anwendungsfelder, Tools und erste Erfahrungen

Im Mittelpunkt der Beiträge standen insbesondere Lösungen zur automatisierten Belegerkennung und Vorschlagsgenerierung für Buchungssätze. Die Teilnehmenden diskutierten die Praxistauglichkeit solcher Tools, insbesondere im Zusammenspiel mit DATEV-Systemen. Es zeigte sich, dass die automatisierte Belegerfassung für viele Kanzleien bereits einen echten Mehrwert darstellt, beispielsweise in Form einer verbesserten Belegklassifikation und beschleunigten Vorerfassung.

Ein weiteres zentrales Thema war der Einsatz KI-gestützter Systeme zur strukturierten Mandantenkommunikation. Dabei ging es insbesondere darum, wie Kanzleien in digitalen Dialogen mit Mandanten auf wiederkehrende Fragen, Dokumentenanfragen oder Recherchen effizient reagieren können. Es wurden Funktionen diskutiert, die es ermöglichen, frühere Verläufe und Kontexte innerhalb einer Konversation zu berücksichtigen. Dies verbessert nicht nur die Gesprächskontinuität, sondern auch die Qualität der Rückmeldung, insbesondere bei komplexeren Sachverhalten.

Auch bei der fachlichen Recherche wurde der Mehrwert deutlich. Gesetzesgrundlagen, Verwaltungsvorgaben oder Kommentierungen lassen sich durch semantische Suchprozesse schneller auffinden und ordnen. Die Referierenden betonten jedoch, dass rechtliche Einordnungen und Argumentationen stets in der Verantwortung von Menschen liegen müssen. Die Technik kann zwar Orientierung bieten, aber keine rechtlich belastbaren Schlussfolgerungen ersetzen.

🧷 Technische Reife, rechtliche Fragen und Prüfpflichten

Die begleitenden Diskussionen, insbesondere im abschließenden Panel mit Prof. Dr. Butscher und Dr. Wollweber, rückten ethische und haftungsrechtliche Aspekte in den Fokus. Was passiert, wenn KI-generierte Inhalte fehlerhaft sind? Wer trägt die Verantwortung: die Software, die Kanzlei oder der Mensch?

Es wurde betont, dass KI-Systeme in steuerberatenden Kontexten nicht autonom agieren dürfen. Die Prüfungspflicht bleibt beim Menschen. Die Veranstaltung unterstrich, dass ein sensibler Umgang mit KI notwendig ist. Ein zentrales Learning: Der Einsatz von KI entlässt Steuerberater:innen nicht aus ihrer Verantwortung, sie bleiben rechtlich und inhaltlich zuständig.

Organisation

Arbeitskreis Digitalstrategie (DStV e.V.)

Der Arbeitskreis Digitalstrategie unterstützt Steuerkanzleien praxisnah bei der Entwicklung zukunftsfähiger Digitalstrategien und fördert den Austausch zu Innovationen und Best Practices.

Der Arbeitskreis Digitalstrategie unterstützt Steuerkanzleien praxisnah bei der Entwicklung zukunftsfähiger Digitalstrategien und fördert den Austausch zu Innovationen und Best Practices.

Highlights

  • Förderung der digitalen Transformation im Berufsstand
  • Entwicklung ganzheitlicher Strategien & Leitfäden
  • Austausch mit Experten & Tech-Anbietern
  • Vertretung der Interessen der Steuerberater*innen
📣 Rückmeldungen und Erwartungen aus der Praxis

Aus dem Publikum kamen zahlreiche Hinweise, dass der Einsatz KI-gestützter Tools zwar technisch zunehmend möglich ist, es jedoch an einer systematischen Einordnung mangelt. So wurden konkrete Bitten nach Toolvergleichen laut, insbesondere in Bezug auf den Funktionsumfang, die Kostenstruktur, die DSGVO-Konformität und die Integrationsfähigkeit in bestehende Systeme. Ein weiteres Anliegen war die Frage nach konkreten Umsetzungshilfen für die Kanzleipraxis. Viele wünschten sich Orientierungshilfen, etwa in Form von Leitfäden, Empfehlungen oder Musterprozessen. Auch Schulungsformate für Mitarbeitende wurden vielfach gefordert, gerade im Hinblick auf interne Akzeptanz und einen verantwortungsvollen Umgang mit KI-basierten Anwendungen.

🧩 Perspektiven: Zusammenarbeit, Standards und Fortsetzung

Luisa Stalla und Christian Böke vom DStV betonten, dass der KI-Tools-Day keine einmalige Veranstaltung bleiben soll. Das Ziel ist ein dauerhaftes Format, das einen praxisnahen Diskurs über KI in der Steuerberatung in ganz Deutschland fördert. Im Zentrum stehen dabei nicht nur technische Entwicklungen, sondern vor allem die Frage, wie sich die Arbeit in Kanzleien verändert.

Christian Böke

Christian Böke

Dipl.-Kfm. WP/StB; Vizepräsident @DStV

Der Verband will gezielt den Dialog zwischen Anbietern, Kanzleien und Institutionen fördern. Es geht nicht darum, „das nächste große Tool“ zu feiern, sondern gemeinsam zu lernen, was in der Praxis tatsächlich funktioniert. Das Panel am Ende des Tages zeigte, dass Einigkeit darüber herrscht, dass KI-Anwendungen in der Steuerberatung realistisch, nachvollziehbar und kontrolliert bleiben müssen.

FAZIT

KI braucht Kontrolle, Kooperation und Kompetenz

Der erste KI-Tools-Day des DStV hat aufgezeigt, dass KI in der Steuerberatung kein abstraktes Zukunftsthema mehr ist. Es existieren konkrete Tools, erste Einsatzszenarien und wachsende Erfahrungswerte. Entscheidend wird nun sein, wie Verantwortlichkeit, rechtlicher Rahmen und technisches Know-how zusammengeführt werden.

Drei zentrale Erkenntnisse lassen sich zusammenfassen:

👉 Die Integration von KI-Anwendungen in bestehende Kanzleiprozesse erfordert klare Prüfmechanismen und menschliche Kontrolle.

👉  Die Vielfalt der Tools verlangt nach Orientierung: Vergleichbarkeit, Standards und Schulungsangebote werden zu Erfolgsfaktoren.

👉 Zusammenarbeit ist entscheidend: Nur im Dialog zwischen Kanzleien, Softwareanbietern und Verbänden können tragfähige Lösungen entstehen.

Die nächste Veranstaltung ist bereits angekündigt. Der DStV bleibt dran, die Debatte über KI in der Steuerberatung nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch und rechtlich zu begleiten.

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