Harvey-Kooperation: PwC setzt KI jetzt auch in M&A-Beratung ein
Ein Beitrag von Katharina Kliem
Seit 2023 kooperiert PricewaterhouseCoopers (PwC) mit dem KI-Software-Entwickler Harvey. In der Zwischenzeit hat sich viel getan. Von der internen Wissensplattform zur externen Lizenzierung von Tech-Tools an Kunden: PwC wird zum Tech-Anbieter. Manche Beratungshäuser gehen sogar noch einen Schritt weiter.
Seit August erweitert PwC zusammen mit Harvey ihren Wirkungskreis nun auch in den M&A-Bereich. Weltweit erhalten Mandanten mit entsprechender Lizenz einen Zugang zu M&A-Produkten und -Dienstleistungen.
Die KI erstellt dabei erste Due-Diligence-Berichte – über 10.000 Mal wurden Arbeitsabläufe mithilfe der KI inzwischen bereits durchgeführt, heißt es in einer Pressemeldung. Besonders wichtig dabei: das Identifizieren von Red Flags.
Meilenstein
Bereits vor der Ausweitung auf den M&A-Bereich lizenzierte PwC KI-Lösungen an ihre Mandanten. Die Wurzel liegt in Steuer- und Rechtsanwendungen. Ein Blick zurück: 2023 kündigte PwC an, in einer strategischen Allianz mit Harvey die KI-Transformation voranzutreiben.
2024, gut ein Jahr später, berichtete Harvey in einer Pressemeldung dann von der Entwicklung eines Tax-AI-Assistenten, der zuerst von PwC-Steuerexperten als tägliche Arbeitshilfe eingesetzt, in einem weiteren Schritt aber auch für Steuer- und Rechtsmandanten lizenziert wird. PwC wird zum Tech-Anbieter. Sämtliche Tech-Dienstleistungen fasst die Big Four unter dem Namen „Harvey, powered by PwC“ zusammen.
Kern des KI-Assistenten ist die Bereitstellung von Wissen in Form eines Recherchetools. Harvey selbst stellt den Assistenten als ein neuartiges Sprachmodellprogramm vor, das speziell auf Steuerfragen zugeschnitten ist. Das KI-Modell findet unter anderem in den Praxisbereichen indirekte Steuern, im internationalen Steuerrecht sowie im Risikomanagement Anwendung. Trainiert wurde die KI mit Daten aus über zehn Jurisdiktionen, mittlerweile wurde der KI-Assistent um mehr als 25 Gebietsmodelle erweitert.
Schritt zur M&A-Beratung
Im M&A-Bereich wertet ein spezielles KI-Tool Dokumente aus: „Die Technik automatisiert und optimiert vor allem umfangreiche Dokumentenanalysen und greift dabei auf das interne PwC-Deals-Fachwissen zurück“, sagt Thomas Pflegel. Er leitet derzeit die GenAI-Transformation für PwC Deals in Deutschland.
„Die Technik automatisiert und optimiert vor allem umfangreiche Dokumentenanalysen und greift dabei auf das interne PwC-Deals-Fachwissen zurück“
Dr. Ralf Ulrich Braunagel, Partner bei PwC, betont: „Wenn die zeitraubenden Routineaufgaben durch KI übernommen werden, kann sich der Berater auf das Wesentliche und die eigentliche Analyse konzentrieren. Denn: „Es geht darum, den Kunden wertschöpfende Arbeit zu bieten.“
KI-Framework bestimmt Einsatzgebiete
Woran sich wertschöpfende Arbeit bemisst und wo der Einsatz von KI auch die entsprechende Effizienz dahingehend verspricht, ist sehr individuell. PwC misst das nach eigenen Angaben anhand eines KI-Frameworks, der sich auf diverse Transformationsprozesse anwenden lässt auch auf den M&A-Prozess.
„Mit unserem PwC Responsible AI Framework wird geschaut, in welchen Geschäftsabläufen ein KI-Einsatz sowohl intern als auch extern sinnvoll und verantwortungsvoll genutzt werden kann“, sagt Pflegel gegenüber JUVE Steuermarkt.
„Wir sehen sehr deutlich, dass Kunden, deren Berater KI im M&A-Prozess einsetzen, schneller durch den Prozess kommen.“
Ein Anwendungsbeispiel aus der M&A-Praxis gibt es: Das schwedische Softwareunternehmen IFS mandatierte PwC bei einem Transformationsprozess. Die Big Four schuf mithilfe von KI eine Grundlage für datengestützte Investitionsentscheidungen. So verkürzte sich aus Unternehmenssicht die Zeit bis zur Wertschöpfung deutlich.
„Wir sehen sehr deutlich, dass Kunden, deren Berater KI im M&A-Prozess einsetzen, schneller durch den Prozess kommen und tiefere Analysen erstellen können, im Vergleich zu jenen, die darauf verzichten“, sagt Braunagel.
Der Deal mit den Lizenzen
Neben PwC gehen immer mehr Beratungshäuser den Schritt hin zu Kooperationen mit Harvey oder anderen Softwareschmieden. Im Ergebnis führen diese Kooperationen zu Lizenzierungen von Tools an die Mandanten. Einige Beratungshäuser wie A&O Shearman gehen jedoch noch einen Schritt weiter, wie JUVE bereits berichtete. Sogenannte Best-Friend-Firms in anderen Jurisdiktionen könnten Zugang zu den Tools erhalten, theoretisch sogar Wettbewerber.
Neben A&O Shearman kündigten auch Paul Weiss, Willkie Farr & Gallagher sowie Latham & Watkins Allianzen mit Software-Herstellern an, aber auch sie bieten die Tools nur ihren Mandanten an.
Noch schließt PwC mit ihrer eigenen exklusiven Allianz aus, dass auch Wettbewerber ihr M&A-Tool lizenzieren können. Eine Ausweitung der KI-Lösung in den Deals-Bereich hat jedoch den Grundstein gelegt, die Lösungen tiefer noch in einzelne Deals-Prozesse zu integrieren.
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