Automatisierung mit Bordmitteln

Wie digitale Fristenverwaltung auch ohne Zusatzsoftware gelingt

Grauer Hintergrund mit Schriftzug Blog und Portraitbild des Autors. Bild: @tax&bytes

Die Automatisierung steuerlicher Prozesse muss nicht zwangsläufig ein Projekt für externe Berater oder kostenintensive Tools sein. Vieles lässt sich bereits mit bestehenden Bordmitteln umsetzen, sofern deren Potenziale richtig genutzt werden. Besonders eindrucksvoll zeigt sich das am Beispiel der Fristenverwaltung.

Steuerabteilungen sehen sich einer Vielzahl von Abgabefristen, Einspruchsfristen und Zahlungsterminen gegenüber. In vielen Fällen werden diese noch immer manuell in Excel-Listen erfasst, als Kalendereintrag in Outlook verschickt oder schlicht auf Papier dokumentiert. Die Folgen sind eine hohe Fehleranfälligkeit, fehlende Nachverfolgbarkeit und keine Erinnerung bei drohenden Fristüberschreitungen.

Dabei steht mit Microsoft 365 in vielen Unternehmen bereits eine leistungsstarke Lösung zur Verfügung, die jedoch selten konsequent genutzt wird. Durch die Kombination von SharePoint und Power Automate lassen sich zentrale Prozesse der Fristensteuerung digitalisieren und automatisieren. Zusätzliche Software oder umfangreiche IT-Ressourcen sind dafür nicht notwendig.

⏱️ Ausgangspunkt: Die 1.232-Stunden-Rechnung

Eine zentrale Zahl steht am Anfang: Ein durchschnittlicher Mitarbeitender verbringt 1.232 Stunden pro Jahr mit repetitiven Tätigkeiten. Das entspricht etwa 154 Arbeitstagen. Auch im Steuerbereich machen manuelle Routinen wie das Pflegen von Fristen einen Großteil der täglichen Arbeit aus. Genau hier setzt die Automatisierung mit Bordmitteln an. Sie soll standardisierbare Prozesse entlasten und gleichzeitig die Qualität erhöhen.

🧩 Der Lösungsansatz: SharePoint & Power Automate

Im Zentrum steht eine SharePoint-Liste, in der Fristen zentral erfasst werden. Sie enthält alle wesentlichen Informationen: Gesellschaft, Art des Bescheids, Eingangsdatum, betroffene Steuerarten, Veranlagungsjahre, Fristdatum, Sachbearbeiter und Status.

Über Power Automate werden verschiedene automatisierte Workflows definiert.

Fristberechnung: Aus dem Bescheiddatum wird automatisch eine Frist abgeleitet, beispielsweise das Bescheiddatum plus ein Monat.

Erinnerungen: Sachbearbeiter erhalten automatisch eine Erinnerungsmail, wenn die Frist naht.

Genehmigungsprozess: Ein definierter Freigabeprozess prüft die Bescheide vor Zahlungsanweisungen.

Statusmeldungen in Echtzeit: Es ist jederzeit sichtbar, welche Vorgänge offen, geprüft oder erledigt sind.

Das System nutzt bestehende Strukturen. Jede Teams-Gruppe verfügt automatisch über einen zugehörigen SharePoint-Bereich, der für die Listen verwendet werden kann.

👣 In kleinen Schritten zur Automatisierung

Die Umsetzung beginnt mit einer genauen Analyse der eigenen Prozesse. Welche Informationen sind notwendig? Wer pflegt welche Daten? In welcher Reihenfolge laufen die Schritte ab?

Auf dieser Grundlage wird eine erste Version der SharePoint-Liste erstellt, die idealerweise zunächst im Testbetrieb läuft. Hier zeigen sich oft noch Schwachstellen. So kann es beispielsweise passieren, dass ein einzelner Bescheid mehrere Steuerarten und Veranlagungsjahre umfasst und dadurch ungewollt mehrere E-Mails ausgelöst werden.

In der Praxis hat sich ein schrittweiser Ausbau bewährt. Zunächst wird nur die Frist berechnet. Später folgen dann Wiedervorlagen, Genehmigungsprozesse oder sogar Schnittstellen zur Rechtsbehelfsliste.

Ein besonderer Vorteil ist der geringe Aufwand. Die einfache Grundstruktur lässt sich in wenigen Stunden aufsetzen. Wer noch nicht mit Power Automate gearbeitet hat, findet in der Microsoft Academy eine Vielzahl kostenloser Tutorials.

🔀 Mehr als nur Fristen: Übertragbarkeit auf andere Prozesse

Die hier gezeigte Lösung eignet sich nicht nur für Fristen. Auch Bauabzugssteuer-Tracking, Einspruchslisten, Zahlungsüberwachungen oder Erinnerungen an ablaufende Freistellungsbescheinigungen lassen sich auf Basis derselben Logik umsetzen. Entscheidend ist die konsequente Nutzung der Microsoft-Bordmittel.

SharePoint dient dabei als zentrale Datenbank, Power Automate übernimmt die Benachrichtigungen und die Statussteuerung und Teams sowie Outlook bilden die Kommunikationsschnittstelle.

Alle Workflows sind kombinierbar und erweiterbar, beispielsweise durch Genehmigungsschritte, Eskalationen, E-Mail-Trigger oder Rückverknüpfungen zwischen verschiedenen Listen.

FAZIT

 👉 Kleine Lösung mit großem Effekt

Die Einführung eines automatisierten Fristenmanagements mit SharePoint und Power Automate ist ein niedrigschwelliger Einstieg in die Prozessautomatisierung. Die Lösung ist skalierbar, transparent und praxisnah. Gleichzeitig erhöht sie die Fristensicherheit, reduziert manuelle Aufwände und schafft Klarheit in der Aufgabenverteilung.

Wer digitale Steuerprozesse gestalten will, sollte bei den vorhandenen Mitteln ansetzen und diese konsequent weiterentwickeln.

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