Zwischen Fachautor und KI

Autorenleben 2.0: Im Dialog mit der eigenen Kommentierung

Grauer Hintergrund mit Schriftzug Blog und Portraitbild des Autors. Bild: @tax&bytes

Wie verändert der Einsatz von Künstlicher Intelligenz die Arbeit von Fachautoren im Steuerrecht? Welche Potenziale lassen sich nutzen und wo liegen klare Grenzen? Der folgende Beitrag gibt einen persönlichen Einblick in Erfahrungen, Überzeugungen und Entwicklungen im Spannungsfeld von Kommentierung, Technologie und Verantwortung.

💾 Zum Nutzen von traditionellen Datenbanken und ihren Grenzen 

Es versteht sich von selbst, dass die seit langem bestehenden, traditionellen technischen Möglichkeiten für Autoren, die z. B. auf dem Gebiet des Steuerrechts regelmäßig in größeren Datenbanken recherchieren, von größtem Nutzen sind. Ihre Beherrschung ist ein unabdingbares Werkzeug für (fast) jede qualifizierte Arbeit. Ebenso gehörte es bisher zu meinem selbstverständlichen Weltbild, dass in solchen „regelbasierten“ Arbeitsprodukten – also z.B. der Zusammenschau von einschlägigen Gerichtsurteilen, Fachaufsätzen etc. – zugleich auch die Grenzen der Intelligenz von Computern liegt. Mit anderen Worten: das Sichten, Bewerten und Einordnen des Gefunden und vor allem dessen Weiterentwicklung liegt jenseits des von einer Maschine Leistbaren.  

Ich sah mich in dieser Sicht sowohl durch das im Jahre 1980 mit dem Pulitzer Preis ausgezeichnete Buch von Douglas R. Hofstadter, das den inspirierenden Titel „Gödel, Escher, Bach“ trägt, der Bibel der damaligen Computer-Kultur, als auch und vor allem durch die vor noch nicht allzu langer Zeit (2021) erschienene Arbeit von Kenneth Cukier, Viktor Mayer-Schönberger, Francis de Véricourt mit dem gleichfalls einprägsamen Titel „Framers“ bestätigt, nach der es – trotz allen technischen Fortschritts - dem Menschen vorbehalten bleibt, „out of the box“ zu denken.  

🤖 Der Einzug von Künstlicher Intelligenz den EStG-Schmidt 

Nun, tempora mutantur et nos in illis – die Zeiten ändern sich und wir uns mit ihnen. Das Aufkommen von generativer KI, die auf Befehl (Prompt) eigenständig neue Inhalte erzeugen kann, hat dieses Weltbild allseits ins Wanken gebracht. Die Erschütterungen haben auch vor der juristischen Fachwelt und den juristischen Verlagen nicht haltgemacht. 

Deshalb kann es nicht überraschen, dass sich auch die Autoren des „Schmidt“, die für sich in Anspruch nehmen, mit fachlicher Tiefe und dem unabdingbaren Blick für die Praxis aus der „neutralen Perspektive“ von Richtern das Einkommensteuergesetz zu kommentieren und deshalb über 45 Auflagen hinweg zu den zuverlässigsten Anlaufstellen bei Fragen rund um die Einkommensteuer zu gehören , der Idee,  das kommentierte Wissen durch ein neues, KI-gestütztes und dialogorientiertes Format, mithin durch ein interaktives Chatbook zu ergänzen, geradezu begeistert aufgenommen und entwickelt haben.  Das so entstandene Werk mit dem Titel „Frag den Schmidt“ verbindet das gewachsene Fachwissen mit künstlicher Intelligenz und eröffnet nicht nur neue Wege des Zugangs, sondern ist zugleich auch eine zeitgemäße Ergänzung zum klassischen Kommentar.  

🧱 Antworten mit Substanz  

Sie, liebe Leser, sind herzlich eingeladen, in die Welt des Chatbooks einzutauchen und ich verspreche Ihnen, dass Sie auch dann, wenn Sie über den Bereich der einfachen Fragen hinausgehen und beispielsweise wissen wollen, unter welchen Voraussetzungen eine Personenunternehmen ohne Aufdeckung stiller Reserven real geteilt werden kann, von Ergebnissen überzeugt sein werden. Der Grund hierfür ist m.E. natürlich in dem hohen technologischen Stand, vor allem aber darin zu sehen, dass die Antworten nur aus dem Inhalt des Schmidt-Kommentars – also auf Closed Source Basis – gewonnen werden und deshalb jedenfalls nach meiner Einschätzung eine hohe Richtigkeitsgewähr bieten.  

💬 Chat im Dialog mit dem Autor  

Offen gestanden ist es gewöhnungsbedürftig mit sich selbst in der Doppelrolle von Fragesteller und Antwortgeber ins Gespräch zu kommen. Gleichwohl kann auch diese Art der Kommunikation nicht nur neue Horizonte öffnen, sondern auch wichtige Impulse im Hinblick auf die Klarheit und Verständlichkeit des selbst Geschriebenen geben. Indes gilt aus Autorensicht bereits hier: ich werde nicht kommentiert, sondern kommentiere, d.h. ich selbst bin der verantwortliche Verfasser meiner Texte.

⚠️ KI übernimmt keine Verantwortung 

Demgemäß sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass Steuerberater oder Steuerjuristen durch KI überflüssig würden oder ihr Know-how sich auf die Fertigkeiten im „smarten“ Umgang mit Künstlicher Intelligenz beschränken könnte. Das Gegenteil ist richtig.  

Zum einen entbindet die ausschließlich von KI generierte Antwort weder Berater, Richter, Verwaltungsbeamte noch Kommentatoren von ihrer beruflichen Verantwortung. Zum anderen sehe ich nach dem mir zugänglichen aktuellen Entwicklungsstand nicht, dass die generative KI beispielsweise in der Lage wäre, in einem diffusen juristischen Meinungsbild verlässliche Orientierung zu bieten. Letzteres würde nicht nur die qualitative Analyse der aufgefundenen Daten voraussetzen, insbesondere die Fähigkeit, zwischen den Zeilen eines Textes zu lesen, sondern es wäre auch erforderlich, dass das Tool in der Lage wäre, das Erkannte „kreativ“ (also „erschaffend“) fortzuentwickeln und in einen größeren Erkenntniszusammenhang zu stellen – wie beispielsweise denjenigen der allgemeinen Rechtsentwicklung einschließlich einer je nach Einzelfall maßgeblichen Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung. 

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