Recap: Fachtagung "KI-Einsatz in der öffentlichen Verwaltung"

KI-Durchbruch in der Verwaltung: Warum die Finanzverwaltung zum Digitalisierungsmotor wird

Porträt des Autors vor grauem Hintergrund mit Logo der Fachtagung. Bild: @tax&bytes

Als Professor für Steuerrecht und Leiter des Instituts für digitale Transformation im Steuerrecht (IdTStR) an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg hatte ich kürzlich das Privileg, eine bemerkenswerte Fachtagung zu moderieren. Die Online-Veranstaltung „KI-Einsatz in der öffentlichen Verwaltung – Chancen und Herausforderungen in Baden-Württemberg" am 2. Juli 2025 zeigte eindrucksvoll, wie weit die Digitalisierung in der Verwaltung bereits fortgeschritten ist und wohin die Reise geht (Bericht).

🕹️ Der Spielplatz der Möglichkeiten

Mit über 300 Teilnehmenden aus Gemeinden, Städten, Ministerien und Unternehmen war die Resonanz überwältigend. Wie ein Kollege treffend bemerkte, wirkt die digitale Transformation manchmal wie ein „Spielplatz" – ein Ort voller Experimente und Möglichkeiten, der gleichzeitig Chancen und Herausforderungen birgt.

Als ich in die Grundlagen der Künstlichen Intelligenz und ihren Einsatz in Behörden einführte, wurde mir bewusst, dass wir an einem Wendepunkt stehen. Die Finanzverwaltung, die bereits seit Jahren auf moderne Datenverarbeitung angewiesen ist, erweist sich als idealer Testbereich für KI-Anwendungen. Die Gründe liegen auf der Hand: strukturierte Daten, Massenvollzug und viele gebundene Entscheidungen ohne Ermessensspielraum.

🪑 Praxisbeispiele aus der ersten Reihe

Besonders beeindruckt haben mich die praktischen Erfahrungen aus Baden-Württemberg. Katja Röser vom Finanzministerium Baden-Württemberg stellte das F13-System vor – ein KI-Assistenzsystem, das Mitarbeitende bei der Recherche und beim Formulieren von Texten unterstützt. Hier zeigt sich, dass KI nicht als Bedrohung, sondern als Werkzeug zur Entlastung verstanden wird.

Oliver Gerhard brachte es auf den Punkt: „Change Management ist die Strategie, KI ist der Inhalt". Seine Erfahrungen aus der Bayerischen Finanzverwaltung zeigen, dass der Erfolg von KI-Projekten maßgeblich von transparenter Kommunikation und echter Mitgestaltung abhängt.

🚀 Die Zukunft ist bereits da

Ein Blick nach Frankreich verdeutlicht das Potenzial: Dort wird mithilfe hochentwickelter Bilderkennungssysteme die Grundsteuer völlig neu berechnet – schneller, präziser und effizienter. Das Münchener Beratungsunternehmen Capgemini demonstrierte, wie breit das Spektrum der KI-Anwendungen mittlerweile ist.

Nordrhein-Westfalen geht bereits einen Schritt weiter. Als erstes Bundesland nutzt das Land KI bei der Steuerveranlagung. Die Praxisbeispiele aus Münster zeigen, wie innovative Kategorisierungstools für E-Mails und Fachtexte den Arbeitsalltag revolutionieren können.

🧱 Rechtliche Sicherheit als Fundament

Als Professor liegt mir besonders die rechtliche Dimension am Herzen. Die Rektorin Dr. Iris Rauskala betonte zu Recht, dass KI-gestützte Entscheidungen stets transparent, nachvollziehbar und anfechtbar bleiben müssen. Der Mensch darf niemals aus dem Blick geraten: eine Maxime, die für mein Institut für digitale Transformation im Steuerrecht grundlegend ist.

Die jüngste Entwicklung in NRW zeigt, wie praktische Lösungen aussehen können. Das Finanzministerium erlaubt den Einsatz von KI-Anwendungen wie ChatGPT für interne Vermerke und Bildererstellung, behält aber die Verantwortung klar bei den Beamten. Diese Balance zwischen Innovation und Verantwortung ist entscheidend.

💡 Warum die Finanzverwaltung Vorreiter wird

Die Finanzverwaltung ist für die Digitalisierung prädestiniert. Sie verfügt über strukturierte Daten, etablierte Prozesse und eine lange Tradition der elektronischen Datenverarbeitung. Anders als in anderen Bereichen lassen sich hier Fehler relativ schnell korrigieren: ein Steuerbescheid kann angepasst werden, ein Gerichtsurteil mit Freiheitsstrafe nicht.

Mein Institut für digitale Transformation im Steuerrecht (IdTStR) erforscht genau diese Schnittstellen zwischen Rechtswissenschaft und Informatik. Wir begleiten den Wandel wissenschaftlich fundiert und praxisnah, um die Potenziale der Digitalisierung für Gesellschaft, Unternehmen und Staat zu erschließen.

Organisation

Institut für digitale Transformation im Steuerrecht

Das IdTStR an der HS Ludwigsburg forscht interdisziplinär an der Digitalisierung des Steuerrechts, mit Fokus auf Verfahrensrecht, Risikomanagement, GovTech, LegalTech und KI.

Das IdTStR an der HS Ludwigsburg forscht interdisziplinär an der Digitalisierung des Steuerrechts, mit Fokus auf Verfahrensrecht, Risikomanagement, GovTech, LegalTech und KI.

FAZIT

👉 Aus der Praxis für die Praxis

Die Fachtagung hat gezeigt, dass die digitale Transformation in der Verwaltung nicht mehr Zukunftsmusik ist, sondern bereits gelebte Realität. Die Finanzverwaltung entwickelt sich zum Digitalisierungsmotor der öffentlichen Verwaltung. Dabei ist entscheidend, dass wir den Menschen in den Mittelpunkt stellen und die rechtlichen Rahmenbedingungen beachten.

Die Resonanz von über 300 Teilnehmenden zeigt: Das Interesse ist da, die Technologie ist verfügbar, und die ersten Erfolge sind sichtbar. Jetzt gilt es, die Erfahrungen zu systematisieren und die Erkenntnisse in die Breite zu tragen. Der „Spielplatz" der digitalen Transformation bietet noch viele Möglichkeiten. Packen wir sie an!

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Wofür steht das IdTStR? Mehr erfahren bei tax&bytes.

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