Digitalisierung in der Außenprüfung – Aktuelle Entwicklungen (Teil 1)
Ein Beitrag von Uwe Olles
I. Einleitung
Die Digitalisierungsprozesse in der Finanzverwaltung sind in sehr unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Während der Grad der Digitalisierung im Bereich der Abgabe von Steuererklärungen und der digitalen Kommunikation mit der Verwaltung durch das bundeseinheitliche Verfahren „ELSTER“ schon sehr weit fortgeschritten ist, besteht in vielen anderen Bereichen – insbesondere in der Außenprüfung – noch erheblicher Nachholbedarf. Dies hängt u. a. mit der föderalen Struktur des Finanzwesens in der Bundesrepublik Deutschland zusammen, wonach mit Ausnahme der Zölle, der bundesgesetzlich geregelten Verbrauchsteuern einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer und der Kraftfahrzeugsteuer (Art. 108 Abs. 1 GG) Steuern durch die Landesfinanzbehörden verwaltet werden (Art. 108 Abs. 2 GG); das hat in der Vergangenheit zu einer heterogenen IT-Landschaft in den Steuerverwaltungen der Länder geführt. Mit dem zum 1.1.2007 in Kraft getretenen Verwaltungsabkommen KONSENS wurde dann eine Harmonisierung der IT-Landschaften in den Steuerverwaltungen der Länder angestrebt. Um diesen Prozess weiter zu beschleunigen, wurden für das Gesamtvorhaben KONSENS im Juli 2017 durch die Ergänzung des Art. 108 um den Abs. 4a und die Neuregelung der Zusammenarbeit der Länder und des Bundes beim einheitlichen Einsatz von IT-Verfahren und der einheitlichen Entwicklung von Software im KONSENS-Gesetz die rechtlichen Grundlagen erweitert.
Im Verfahren KONSENS lag der Schwerpunkt der Entwicklung bislang auf dem Veranlagungsbereich der Verwaltung, was dazu geführt hat, dass bei der Softwareentwicklung für die Außenprüfung in Bezug auf die Prüfungsverwaltung und die Steuerberechnungsprogramme noch ein erheblicher Nachholbedarf besteht.
Unabhängig davon hat sich der Gesetzgeber mit der Einführung des Datenzugriffs schon seit 2002 bemüht die Prüfungsdurchführung an die immer weiter fortschreitende Digitalisierung in der Wirtschaft anzupassen. Durch die gesetzlichen Regelungen zum Datenzugriff wurden die geprüften Unternehmen verpflichtet, aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtige Daten und die zur Auswertung der Daten notwendigen Strukturinformationen in maschinell auswertbarer Form bereitzustellen. Die Finanzbehörde hat mit Softwareherstellern sowie dem deutschen Vertrieb der bundeseinheitlichen Prüfsoftware der Finanzverwaltung „IDEA“ (Firma CaseWare Germany GmbH) eine einheitliche, technische Bereitstellungshilfe zur Format- und Inhaltsbeschreibung der aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten entwickelt. Umfang, Struktur oder Bezeichnung der aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten werden durch den Beschreibungsstandard nicht vorgegeben. Der Beschreibungsstandard soll eine problemlose Datenübergabe bei angeforderter Datenüberlassung im Rahmen einer Außenprüfung ermöglichen. Dies sollte die Auswertung und Prüfung der bereitgestellten Daten erleichtern und die Prüfungshandlungen beschleunigen. In der Praxis führte die fehlende Standardisierung jedoch aufgrund der Vielzahl von Datensystemen unterschiedlicher Softwarehersteller immer wieder zu Problemen. Während die vorgelegten Finanzbuchhaltungsdaten häufig noch den Anforderungen des v. g. Beschreibungsstandards entsprechen, ist dies bei den übrigen für die Prüfung relevanten Daten (z. B. aus vorgelagerten Systemen) regelmäßig nicht gegeben. Mit der Folge, dass lediglich die Finanzbuchhaltung effektiv geprüft werden konnte. Die übrigen Daten konnten bislang nur mit einem hohen Aufwand und mit dem entsprechenden technischen Know-how auf Seiten der prüfenden Personen aufbereitet und ausgewertet werden.
Der Gesetzgeber hat nach der erfolgreichen Implementierung einer einheitlichen Schnittstelle für die Lohnsteuer-Außenprüfung (Digitale LohnSchnittstelle – DLS) mit dem Gesetz zur Modernisierung der Außenprüfung weitere Schnittstellen nach § 147b AO im Verordnungswege festgelegt. Danach sind bereits einheitliche digitale Schnittstellen nach der Kassensicherungs-Verordnung für elektronische Kassen (DSFinV-K und Taxameter bzw. Wegstreckenzähler (DSFinV-TW eingeführt worden. Weitere einheitliche digitale Schnittstellen wie z. B. für Buchhaltungsdaten sind in Planung. Einzelheiten zu den digitalen Schnittstellen werden in Abschnitt III. dieser Abhandlung näher erläutert.
Mit dem Gesetz zur Modernisierung der Außenprüfung beabsichtigt der Gesetzgeber u. a. die Beschleunigung der Außenprüfung durch Anpassung an den technischen Fortschritt (Digitalisierung). Dies ist insbesondere im Hinblick auf den zu erwartenden Fachkräftemangel unabdingbar. Folglich muss bei künftigen Außenprüfungen der Fokus noch mehr auf gezielten Prüfungsschwerpunkten, unter Nutzung aller vorhandenen digitalen Ressourcen, liegen.
Ein Baustein hierzu ist die in Art. 97 § 38 EGAO eingeführte Erprobung alternativer Prüfungsmethoden. Danach möchte man Steuerpflichtigen, die über ein internes Steuerkontrollsystem verfügen, für künftige Prüfungen Prüfungserleichterungen zusagen, wenn die laufende Betriebsprüfung die Wirksamkeit dieses Kontrollsystems bei der Einhaltung der steuerlichen Vorschriften für die in § 149 Abs. 3 AO genannten Steuern und gesonderten Feststellungen bestätigt hat (Art. 97 § 38 Abs. 1 EGAO).
Hierbei setzt man auf bereits vorhandene sog. Tax Compliance Management Systeme (TCMS) auf, die viele große Unternehmen im Hinblick auf Verschärfungen bei Nacherklärungen und Selbstanzeigen schon eingeführt haben.
Dies hat für die Finanzverwaltung den Vorteil, dass man sich bei künftigen Prüfungen, auf weniger Prüffelder beschränken kann. Für die Unternehmen ergibt sich ein Mehrwert aus der früheren Rechtssicherheit und dem ggf. doppelten Nutzen eines aus Gründen der Enthaftung eingeführten TCMS.
In den nachfolgen Abschnitten werden nun die zuvor beschriebenen Kontrollsysteme und die digitalen Schnittstellen näher vorgestellt.
II. Tax Compliance Management Systeme (TCMS) / Steuerkontrollsysteme (SKS)
1. Allgemeines
Mit BMF-Schreiben v. 23.5.2016 wurde der Anwendungserlass zu § 153 AO geändert. Nach § 153 Abs. 1 Satz 1 AO ist der Steuerpflichtige bzw. sein gesetzlicher Vertreter verpflichtet, wenn er nachträglich erkennt, dass eine von ihm oder für ihn abgegebene Erklärung (vgl. AEAO zu § 153, Nr. 3) objektiv unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Steuerverkürzung gekommen ist oder kommen kann, dies anzuzeigen. Dabei wurden die Regelungen unter „2. Abgrenzung der Anzeige- und Berichtigungspflicht von einer Selbstanzeige“ erheblich verschärft.
Insbesondere die Hinweise in 2.6 und 2.7 des v. g. BMF-Schreibens zur Steuerhinterziehung bei bedingtem Vorsatz oder Leichtfertigkeit machen deutlich, dass der Steuerpflichtige seine steuerlichen Pflichten nicht auf die „leichte Schulter“ nehmen kann.
Die Frage, ob eine unrichtige Angabe in einer Steuererklärung ein Fehler ist oder eine strafbewehrte bzw. ordnungswidrige Steuerverkürzung, hängt davon ab, ob dem Steuerpflichtigen Vorsatz oder Leichtfertigkeit vorgeworfen werden kann. Für eine Steuerstraftat reicht bedingter Vorsatz aus. Dieser ist dann gegeben, wenn der Täter den Straftatbestand für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat. Für die billigende Inkaufnahme reicht es, dass dem Täter der als möglich erscheinende Handlungserfolg gleichgültig ist. Leichtfertigkeit liegt vor, wenn in besonders großem Maße gegen Sorgfaltspflichten verstoßen wurde.
Hat der Steuerpflichtige ein innerbetriebliches Kontrollsystem eingerichtet, das der Erfüllung der steuerlichen Pflichten dient, kann dies ggf. ein Indiz darstellen, das gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit sprechen kann, jedoch befreit dies nicht von einer Prüfung des jeweiligen Einzelfalls (Tz. 2.6 Satz 6 des v. g. BMF-Schreibens).
Vor diesem Hintergrund hat das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) am 31.5.2017 einen Praxishinweis zur „Ausgestaltung und Prüfung eines Tax Compliance Management Systems gemäß IDW PS 980“ veröffentlicht.
2. TCMS aus Sicht des Unternehmens (IDW PS 980)
Das Steuerrecht ist sehr komplex und unterliegt einem ständigen Wandel durch den Gesetzgeber. Hinzu kommt eine Vielzahl von Verwaltungsvorschriften und Regelungen, die sich aus der Rechtsprechung ergeben. Darüber hinaus werden oft staatliche bzw. politische Ziele aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen über das Steuerrecht gelenkt. Dies hat zur Folge, dass die Unternehmen sehr umfangreiche und komplexe steuerliche Pflichten erfüllen müssen, die an der einen oder anderen Stelle im Unternehmen zu einer relativ hohen Fehleranfälligkeit führen können, da nicht immer alle Akteure im Unternehmen über die steuerlichen Folgen ihres Handelns Bescheid wissen. So ist z. B. die Vertriebsabteilung in einem Unternehmen regelmäßig an der Verwirklichung von steuerlichen Sachverhalten maßgeblich beteiligt. In der Praxis kann dies bspw. dazu führen, dass der erforderliche Buch- und Belegnachweis nicht vollständig geführt wird. Neben dem finanziellen Risiko von hohen Steuernachzahlungen, die Fehler in diesem Bereich nach sich ziehen, können sich durch oben erwähnte Verschärfung im Anwendungserlass zu § 153 AO auch strafrechtliche Folgen anschließen.
Um diese Folgen möglichst zu vermeiden, haben viele Unternehmen ein sog. Tax Compliance Management System (TCMS) eingeführt. Dies soll dazu dienen, dass ein gesetzeskonformes Verhalten im Steuerbereich sichergestellt wird. Ziel des TCMS ist die vollständige und zeitgerechte Erfüllung steuerlicher Pflichten, um sowohl das finanzielle Risiko von Steuernachzahlungen zu minimieren als auch strafrechtliche Konsequenzen für das Unternehmen bzw. der verantwortlichen Personen im Unternehmen zu vermeiden.
Ein TCMS muss angemessen und wirksam sein. Ein TCMS ist angemessen, wenn es geeignet ist, mit hinreichender Sicherheit sowohl Risiken für wesentliche Regelverstöße rechtzeitig zu erkennen als auch solche Regelverstöße zu verhindern. Es ist darüber hinaus auch wirksam, wenn seine Grundsätze und Maßnahmen in den laufenden Geschäftsprozessen von den Unternehmensmitarbeitern nach Maßgabe ihrer jeweiligen Verantwortung zur Kenntnis genommen und beachtet werden. Dies bedeutet, dass es fortlaufend überwacht und auf veränderte tatsächliche und/oder rechtliche Verhältnisse hin anzupassen ist.
Das IDW hat mit dem IDW PS 980 die Grundsätze zur Prüfung der Angemessenheit und Wirksamkeit eines Compliance Management Systems festgelegt. Hieraus ergeben sich somit auch die Anforderungen für die Implementierung eines TCMS im Unternehmen. Danach sind für die Einrichtung eines angemessenen TCMS folgende sieben Grundelemente erforderlich:
Compliance Kultur
Unter Compliance Kultur versteht man die positive Grundeinstellung und die Verhaltensweisen zur Steuerehrlichkeit von Management und Aufsichtsorganen. Die Wichtigkeit der Einhaltung steuerlicher Vorschriften wird in alle Unternehmensbereiche kommuniziert. Eventuelle Verstöße gegen die Einhaltung der Vorschrift werden von der Unternehmensleitung sanktioniert. Darüber hinaus kann die Bedeutung des gesetzeskonformen Verhaltens im Unternehmen auch im Verhaltenskodex bzw. im Leitbild des Unternehmens festgelegt werden.
Compliance Ziele
Hierzu gehören die Festlegung und Verschriftlichung der Compliance-Ziele im Unternehmen. Die Ziele müssen an alle betroffenen Empfänger kommuniziert werden und die Zielerreichung ist anhand nachvollziehbarer, für das jeweilige Unternehmen festzulegender Kriterien, zu überprüfen.
Compliance-Risiken
Die Risiken sind mittels einer Risikoanalyse getrennt nach Steuerarten und Fallkonstellationen zu ermitteln und in Risikoklassen nach Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe einzuteilen. Daneben ist eine Schwachstellenanalyse bezogen auf die Geschäftsprozesse durchzuführen. Hierbei ergeben sich z. B. folgende Fragenstellungen:
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-
Gelangen alle steuerrelevanten Informationen zeitnah und vollständig an die Buchhaltung/Steuerabteilung?
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Sind die Mitarbeiter entsprechend geschult?
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Funktionieren die (technischen) Schnittstellen fehlerfrei?
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Compliance-Programm
Hierunter fallen technische Maßnahmen zur Fehlervermeidung. Dies können im Einzelnen folgende Maßnahmen sein:
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Zugangs- und Zugriffsberechtigungen
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Erfassungsprotokolle
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Prozessintegrierte Kontrollen
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Plausibilitäts- und Fehlerhinweise
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Schutzmaßnahmen gegen die (un-)/beabsichtigte Veränderung von Daten und Dokumenten
-
Systematische Datenauswertung
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Schnittstellenverprobungen (regelmäßiger Datenabgleich zwischen Vorsystemen und Finanzbuchhaltung auf Vollständigkeit)
-
Schutzmaßnahmen gegen Datenverlust
-
Compliance-Organisation
Als organisatorische Maßnahmen zur Fehlervermeidung kommen folgende Aspekte in Betracht:
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Vier-Augen-Prinzip
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Feste Zuständigkeitsregeln und Funktionstrennungen
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Vertretungs- und Unterschriftsregelungen
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Richtlinien und fachliche Anweisungen
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Verarbeitungskontrollen
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Anlassbezogene oder stichprobenhafte Untersuchungen
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Vollständigkeitskontrollen (Sind alle notwendigen Unterlagen vorhanden?)
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Ggf. spezielle Schulung der Mitarbeiter
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Checklisten für Mitarbeiter
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Verfahrensdokumentation
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Beweisvorsorge (bei außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen, Auslandssachverhalten)
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Compliance-Kommunikation
Die jeweils betroffenen Mitarbeiter und ggf. Dritte werden über die Compliance-Kultur, das Compliance-Programm sowie die festgelegten Rollen und Verantwortlichkeiten informiert und hierzu in einem strukturierten Ansatz sensibilisiert sowie aus- und weitergebildet, damit sie ihre Aufgaben im CMS ausreichend verstehen und sachgerecht erfüllen können.
Im Unternehmen wird festgelegt, wie Compliance-Risiken sowie Hinweise auf mögliche und festgestellte Regelverstöße an die zuständigen Stellen im Unternehmen (z. B. die gesetzlichen Vertreter und erforderlichenfalls das Aufsichtsorgan) berichtet werden.
Compliance-Überwachung und Verbesserung
Die Compliance-Überwachung zielt darauf ab, festzustellen, ob das TCMS unter Beachtung der angewandten Grundsätze angemessen ausgestaltet und wirksam ist. Bei der Compliance-Überwachung handelt es sich zum einen um Überwachungsmaßnahmen durch prozessunabhängige Stellen, z. B. die Interne Revision. Zudem beinhaltet die Überwachung auch, ob die prozessintegrierten Kontrollen wirksam sind. [14] Zur Compliance-Überwachung zählen u. a. folgende Aspekte:
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-
Laufende Anpassung der Prozesse an veränderte Verhältnisse und deren Dokumentation
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Prüfung der vorhandenen Arbeitsmittel auf Aktualität
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Entwicklung eines Überwachungsplans zur Einhaltung der Maßnahmen
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Bereitstellung von ausreichend erfahrenen Ressourcen für die Durchführung der Überwachungsmaßnahmen
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Überprüfung der Prozessabläufe
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Regelmäßige Stichprobenprüfungen
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Zufallskontrollen
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Das TCMS ist somit von seiner Grundintention ganzheitlich ausgerichtet und erfasst nach Möglichkeit die gesamte Steuerfunktion des Unternehmens.
3. SKS aus dem Blickwinkel der Finanzverwaltung (Art. 97 § 38 EGAO)
Nach Art. 97 § 38 EGAO kann die Finanzverwaltung im Rahmen einer Außenprüfung die Wirksamkeit eines eingesetzten Steuerkontrollsystems (SKS) prüfen. Für den Fall, dass für die Prüfung hinsichtlich der erfassten Steuerarten oder Sachverhalte kein oder nur ein unbeachtliches steuerliches Risiko besteht, kann die Finanzbehörde im Benehmen mit dem Bundeszentralamt für Steuern, dem Steuerpflichtigen auf Antrag unter dem Vorbehalt des Widerrufs, für die nächste Außenprüfung Prüfungserleichterungen verbindlich zusagen. Die Regelung ist eine auf den 31.12.2029 befristete Experimentiernorm. Eine endgültige Entscheidung hierzu will der Gesetzgeber erst nach einer Evaluierung aus den Prüfungserfahrungen der Länder treffen.
Ziel der Vorschrift ist es einerseits den Steuerpflichtigen, die bereits ein wirksames Steuerkontrollsystem im Einsatz haben, durch Prüfungserleichterungen entgegenzukommen und anderseits der Finanzverwaltung einen effektiveren Einsatz der Prüfungsressourcen zu ermöglichen.
Dabei sind jedoch die unterschiedlichen Blickwinkel bei der Einrichtung eines TCMS im Unternehmen und die Bedürfnisse der Finanzverwaltung im Rahmen einer Außenprüfung zu beachten. Während die Einrichtung eines TCMS im Unternehmen grundsätzlich einen ganzheitlichen Ansatz hat, bezieht sich die Betrachtung des SKS im Rahmen einer Außenprüfung immer auf einzelne Prüfungsfelder.
Dies muss für sich genommen jedoch keinen Nachteil darstellen, da sich trotzdem für alle Beteiligten Synergieeffekte ergeben können. Insbesondere bei Prüfungsfeldern die an die Einhaltung von umfangreichen formalen Anforderungen geknüpft sind, wie z. B. der Buch- und Belegnachweis bei innergemeinschaftlichen Erwerben und Lieferungen im Bereich der Umsatzsteuer oder die fehleranfällige steuerliche Behandlung von Lohnsteuersachverhalten (bspw. Geschenke, Veranstaltungen, Sachzuwendungen) ist der Einsatz eines SKS sinnvoll, weil sie sowohl für den Steuerpflichtigen als auch für die Außenprüfung sehr arbeitsintensiv und zeitaufwendig sind.
4. Aktueller Sachstand
Die einzelnen Finanzverwaltungen der Länder sind derzeit bei der Prüfung von Steuerkontrollsystemen im Rahmen von Außenprüfungen sehr unterschiedlich aufgestellt.
Die Prüfung der Angemessenheit und Wirksamkeit von SKS setzt umfangreiches Know-how bei den für die Prüfung eingesetzten Beschäftigten in der Finanzverwaltung voraus, welches derzeit nicht in diesem Umfang vorhanden ist. Hierfür müssen umfangreiche Schulungskonzepte entwickelt werden. Darüber hinaus müssen in der Anfangsphase mehr personelle Ressourcen bereitgestellt werden, um die entsprechenden Erfahrungen zu sammeln, welche Prüfungsschritte sinnvoll erscheinen und wie die Prüfungen effektiv gestaltet werden können. Hinzu kommt, dass die eingesetzten Systeme in den Unternehmen sehr vielfältig sind und einen unterschiedlichen Digitalisierungsgrad aufweisen.
Bei der Prüfung eines SKS kann die prüfende Person sich zunächst an den vom IDW im PS 980 aufgestellten Prüfungsregelungen orientieren. Dabei kann für den Ersteinstieg auch das Testat des Wirtschaftsprüfers hilfreich sein. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass sich der Prüfer genau anschauen muss, was in dem Testat des Wirtschaftsprüfers im Einzelnen testiert wird, in welcher Prüfungstiefe das TCMS geprüft wurde, welchen Bereich des TCMS und welchen Zeitraum das Testat umfasst.
Das Testat eines Wirtschaftsprüfers entbindet die prüfende Person nicht von einer eigenständigen Prüfung des SKS. Hierzu muss die prüfende Person eine Systemprüfung durchführen. Das heißt u. a., dass man den gesamten Prozess eines Geschäftsvorfalls von der Entstehung bis zur korrekten Verbuchung im SKS nachvollziehen muss. Dazu gehört z. B. auch, das geprüft wird, ob die Datenschnittstellen aus den vorgelagerten Systemen zu den nachfolgenden Systemen fehlerfrei funktionieren. Entscheidend wird dabei auch der Digitalisierungsgrad im zu prüfenden Prozess sein. Wobei man davon ausgehen kann, je höher der Digitalisierungsgrad, desto leichter wird eine Prüfung der Wirksamkeit des SKS möglich sein.
Dies alles macht deutlich, dass zumindestens in der Erstprüfung eines SKS der Aufwand für alle Beteiligten hoch ist. Unabhängig davon, ist aber mittel- bis langfristig davon auszugehen, dass sich der Einsatz von SKS sowohl für die Steuerpflichtigen als auch für die Finanzverwaltung lohnt.
Aufgrund der zuvor beschriebenen Anlaufschwierigkeiten finden zurzeit bundesweit nur einige Pilotprojekte zur Prüfung von SKS statt; wobei die großen Bundesländer wie Bayern und NRW schon einige Erfahrungen sammeln konnten. Diese Länder haben mittlerweile auch Fachprüfer für SKS im Einsatz.
Die weitere Entwicklung bleibt daher abzuwarten, ob bis zum Ende des Evaluierungszeitraums genügend Betriebe mit einem wirksamen Steuerkontrollsystem geprüft worden sind, um eine belastbare Aussage im Hinblick auf Art. 97 § 38 EGAO zu treffen.
Unabhängig davon, bietet der Einsatz von SKS sowohl für die beteiligten Unternehmen als auch für die Finanzverwaltung die Chance mittel- bis langfristig einen Effizienzgewinn zu erzielen. Ein funktionierendes SKS kann die Unternehmen insbesondere bei stark prozessgetriebenen und rechtlich weniger komplexen steuerlichen Sachverhalten, z. B. aus dem Bereich der Umsatzsteuer oder Lohnsteuer, vor „unnötigen“ Steuernachzahlungen aufgrund von Außenprüfungen bewahren. Dies führt im Ergebnis, auch wenn man die Frage der Enthaftung im Hinblick auf § 153 AO mal außer Acht lässt, zu einem verringerten Aufwand und einer entsprechenden Kostenersparnis. Gerade bei häufigen und immer wiederkehrenden Sachverhalten, die sehr formalen Anforderungen (z. B. Buch- und Belegnachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen) unterliegen, ist es in der Regel schwierig und mit hohem Aufwand verbunden, diese im Rahmen einer Außenprüfung nachträglich zu erfüllen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass diese Fälle viele mittelständische Betriebe und nicht nur Konzerne und Größtunternehmen betreffen.
Für die Finanzverwaltung kann ein wirksames SKS eine erhebliche Prüfungserleichterung bedeuten, so können bestimmte Prüffelder nur noch stichprobenartig geprüft oder völlig ausgespart werden. Die vorhandenen Prüfungsressourcen können dadurch zielgerichteter eingesetzt und die Prüfungen beschleunigt werden. Mit der Möglichkeit nach Art. 97 § 38 Abs. 1 EGAO verbindliche Prüfungserleichterungen für die Folgeprüfung zuzusagen, erhält das Unternehmen zudem eine schnellere Rechtssicherheit.
Es ist sicherlich für alle Beteiligten empfehlenswert, sich dem Thema mit den zuvor beschriebenen „einfachen“ Sachverhalten zu nähern und die entsprechenden Erfahrungen zu sammeln, um sich anschließend dann auch komplexeren Fallgestaltungen widmen zu können.
Dies ist Teil 1 des Beitrages aus der NWB Betriebsprüfungs-Kartei - Stand: Juli 2025 - Teil 2 folgt hier in Kürze.
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