Steuerabteilung 2.0 – Ressourceneffiziente Transformation bei Zeppelin
Die Tax Operations Konferenz 2025 bot mir die Gelegenheit praxisnah aufzuzeigen, wie sich eine mittelständische Steuerabteilung strategisch, personell und technologisch aufstellt, um den steigenden Anforderungen bei gleichzeitig begrenzten Ressourcen gerecht zu werden. In meinem Vortrag am 8. Oktober 2025 beleuchtete ich insbesondere die steuerlichen Herausforderungen des Zeppelin Konzerns im Spannungsfeld zwischen Digitalisierungsdruck, Kostendisziplin und Fachkräftemangel.
Ausgangslage im Konzern: Komplexität trifft auf Effizienzdruck
Der Zeppelin Konzern ist mit rund 12.000 Mitarbeitenden in 29 Ländern tätig. Mit einer im Jahr 2025 abgeschlossenen Akquisition konsolidiert sich der Umsatz auf über 5 Milliarden Euro. Der Konzern organisiert seine Zusammenarbeit in vier Strategischen Geschäftseinheiten (Baumaschinen, Rental, Power Systems, Anlagenbau). Dies führt zu einer hohen operativen Komplexität mit steuerlichen Herausforderungen in nahezu allen steuerlichen Bereichen.
Die Konzernsteuerabteilung besteht aus fünf Steuerberaterinnen und Steuerberatern am Standort Garching. Dezentrale Steuerfunktionen sind vorhanden, meist jedoch nicht fachlich tief verankert. Auf ein externes Beratungsbudget kann für ausgewählte Einzelthemen zurückgegriffen werden . Unter diesen Rahmenbedingungen werden unter anderem zentrale Aufgaben für die deutschen Konzerngesellschaften, interne Beratungsleistungen, Transaktionsbetreuung sowie die gesamte Tax Governance für den Konzern erledigt. Hierzu gehört auch der Umgang mit immer neuen Compliance-Anforderungen und Pflichten wie beispielsweise die Betreuung eines Tax Compliance Management Systems (Tax CMS) oder die Einführung von Pillar 2.
Digitale Strategie: Wenige Tools, maximaler Nutzen
Die Steuerabteilung verfolgt eine klare Digitalstrategie, die auf fünf wesentlichen Grundsätzen basiert:
1. Attraktivität der Arbeit sichern, um Fluktuation zu vermeiden und Nachwuchs zu gewinnen. Das klassische „Number Crunching“ weicht zunehmend anspruchsvolleren Aufgaben.
2. Effizienz priorisieren: Automatisiert werden vor allem Prozesse mit hohem Zeitaufwand – nicht die leichtesten, sondern die wirkungsvollsten.
3. Datenzugriffe pragmatisch denken: Nicht immer muss es zu einer Anbindung kommen. Die Balance zwischen Kosten und Nutzen ist entscheidend.
4. Toolvielfalt reduzieren: Anstatt vieler kleiner Speziallösungen werden wenige etablierte Systeme genutzt.
5. Kontinuierlich nachjustieren, ohne sich in Perfektionismus zu verlieren.
Der Leitgedanke lautet: wenige Tools mit maximalem Funktionsumfang nutzen. Der Fokus liegt auf Effizienzsteigerung, Aufrechterhaltung der Teamattraktivität und Kostenkontrolle. Anstelle großer Investitionen werden bestehende Bordmittel und pragmatische Lösungen genutzt.
Zum Einsatz kommen unter anderem:
- Global Tax Center, GTC (Lucanet) als zentrales Steuererklärungstool mit E-Bilanz und Jahresabschlussanbindung
- Signavio (SAP) für Prozessdokumentation, Tax CMS und Workflow-Komponenten
- Office 365 (SharePoint, Power Automate, Power BI) zur Eigenentwicklung schlanker digitaler Lösungen
- Haufe CoPilot TAX und NWB-KIRA für standardisierte KI-Unterstützung in Beratung und Recherche
Die Nutzung erfolgt mit Blick auf maximale Integration und Wiederverwendbarkeit. Wo möglich, wird direkt im bestehenden Microsoft-Umfeld gearbeitet.
Digitalisierung ohne Zusatzkosten: SharePoint als Betriebsprüfungstool
Ein herausragendes Beispiel für eine kosteneffiziente Digitalisierung ist für mich der Einsatz von SharePoint als Plattform für eine effiziente Zusammenarbeit mit der Betriebsprüfung. Anstatt teurer Spezialsoftware wurden vorhandene Firmennotebooks genutzt und gezielt Zugriffsrechte auf strukturierte SharePoint-Ordner vergeben.
Die Vorteile liegen auf der Hand:
👉 Kein zusätzlicher Lizenzbedarf oder externe Anschaffungen
👉 Vollständige Datenkontrolle innerhalb der eigenen Systemlandschaft
👉 Revisionssichere Zusammenarbeit durch Versionierung und Rechteverwaltung
👉 Ortsunabhängiger Zugriff für Prüfer mit klarer Dokumentation aller Schritte
Dieses Modell ersetzt klassische lokale Laufwerke vollständig und ermöglicht eine moderne, schlank organisierte Abwicklung von Prüfungsvorgängen. Die Implementierung ist denkbar einfach, da SharePoint bereits konzernweit genutzt wird und keine neue Infrastruktur erforderlich ist. Dank der abgestuften Rechte lassen sich auch sensible Daten sicher handhaben, ohne dass die IT-Abteilung zusätzlichen Aufwand hat.
Signavio & Power BI: Tax CMS mit Kontrolllogik und Visualisierung
Signavio von SAP wird als Prozesstool genutzt, um Prozesse, aber auch Risiken und Kontrollen zentral abzubilden. Das Modul „Process Governance” wird darüber hinaus für Workflows genutzt, um Kontrollabfragen automatisiert an die Verantwortlichen zu versenden. Dies ist zwar technisch aufwendig, aber wirkungsvoll: Über hinterlegte Logiken lässt sich die Aktualität und Wirksamkeit von Prozessen und Kontrollen überprüfen.
Die Auswertung erfolgt über Power BI. Eine individuelle Visualisierung zeigt auf einen Blick, welche Prozesse mit welchen Risiken verknüpft sind, wo Lücken bestehen und welche Maßnahmen erforderlich sind. Diese Transparenz ist entscheidend für die Nutzbarkeit des Tax CMS.
Microsoft Power Automate: Fristenmanagement ohne Zusatztool
Im Bereich von Aufgaben oder Fristen kommt Power Automate zum Einsatz. Auf Basis der Microsoft Power Tools wurde ein systematisches Fristen-Dashboard entwickelt, das steuerliche und interne Deadlines überwacht. Farbkennzeichnungen, E-Mail-Erinnerungen und klare Verantwortlichkeiten sorgen für Übersichtlichkeit und Nachvollziehbarkeit. Auch dieses Tool wurde intern entwickelt und ist tief in die Microsoft-Welt eingebunden.
Der Wandel zur „Steuerabteilung 2.0” erfordert keine großen Budgets, sondern eine klare Linie, technische Neugier und den Mut, bestehende Strukturen zu hinterfragen.
Global Tax Center: Steuerprozesse ohne Medienbrüche
Mit Einführung des Global Tax Centers (GTC) von Lucanet wurde der Steuererklärungsprozess digitalisiert. Mithilfe von Mappingregeln fließen die Positions- und Formulardaten über einen Datenexport aus dem ERP-System in die entsprechenden E-Bilanzen bzw. Steuerformulare. Betriebsprüfungsanpassungen können ohne Datenverluste nachgezogen werden und in geänderte Steuererklärungen eingearbeitet werden. Die Steuerdaten verbleiben im Konzernsystem GTC und können auch von externen Beratern direkt dort bearbeitet werden. Dies fördert Konsistenz, reduziert Medienbrüche und vereinfacht die Dokumentation.
KI im Steueralltag: Chancen & Grenzen
KI-Anwendungen wie „Haufe CoPilot TAX“ oder „NWB KIRA“ werden punktuell eingesetzt, beispielsweise zur Beantwortung von Fragen im Lohnsteuerbereich. Die Anwendungen unterstützen außerdem bei der Recherche und der Auswertung von Kommentaren im steuerlichen Kontext.
Um die Antwortqualität zu verbessern, empfiehlt es sich, qualitative Promptvorlagen zu verwendet. Da die Skepsis im Team hoch ist, werden die Nutzung dieser Technologie sowie die Fehlerrisiken offen im Team diskutiert. Die Nutzung erfolgt unter dem Motto: „Effizienz ja, Verantwortung bleibt beim Menschen.“
Zusammenarbeit mit Beratern: End-to-End & digital
Im Bereich der Ertragsteuererklärungen arbeitet Zeppelin eng mit KPMG zusammen. Die externe Gesellschaft erhält Zugriff auf das interne GTC-System. Dadurch müssen Steuerdaten nicht mehr separat übertragen werden, sondern können direkt im System bearbeitet werden. Die Verantwortung für die Daten bleibt dabei stets bei Zeppelin. Dieses Modell reduziert den Abstimmungsaufwand, erhöht die Nachvollziehbarkeit und verbessert nachhaltig die Datenqualität.
FAZIT
Effizienz statt Overengineering
Mein Vortrag sollte aufzeigen, dass die digitale Transformation auch im Mittelstand möglich ist, sofern sie pragmatisch, ressourcenschonend und mit Fokus auf die vorhandene Infrastruktur erfolgt.
Drei Schlüsselaspekte sind dabei besonders hervorzuheben:
1. Weniger ist mehr: Lieber wenige Tools konsequent einsetzen als viele parallel.
2. Bordmittel nutzen: SharePoint, Power BI und Automate bieten enorme Potenziale.
3. Transparenz schaffen: Visualisierungen und Workflows machen Prozesse greifbar.
v.l.n.r. Dr. Mathias Hildebrandt (Enpal B.V.), Claudia Wegener (NWB Verlag), Dr. Thilo Potthast (Zeppelin GmbH) , Jörn Poppelbaum (JUVE Verlag)
BETRIEBSPRÜFUNG
Spezielle Software-Lösungen bieten gezielte Unterstützung bei den Herausforderungen einer Betriebsprüfung.
BILANZ & JAHRESABSCHLUSS
Egal, ob es darum geht, eine Bilanz zu erstellen oder den Jahresabschluss zu optimieren – spezialisierte Tools bieten zahlreiche Vorteile.
DATENVISUALISIERUNG
Die richtige Datenvisualisierung-Software hilft dabei, komplexe Informationen verständlich aufzubereiten und fundierte Entscheidungen zu treffen.
E-BILANZ
Tools für die E-Bilanz helfen Steuerberatern bei der digitalen Erstellung und sicheren Übermittlung von Jahresabschlüssen ans Finanzamt.
FRISTENSTEUERUNG
Mit spezieller Software für die Fristensteuerung behalten Steuerberater alle steuerlichen Termine im Blick und vermeiden zuverlässig Fristversäumnisse.
TAX CMS
TAX CMS-Software unterstützt Steuerberater bei der Einhaltung steuerlicher Vorschriften und minimiert Compliance-Risiken.