Grenzenlos compliant?

Umsatzsteuer-Automatisierung im globalen e-Commerce

Grauer Hintergrund mit Schriftzug Blog und Portraitbild des Autors. Bild: @tax&bytes

Wer Produkte international vertreibt, muss zahlreiche steuerliche Verpflichtungen erfüllen von länderspezifischen Meldevorgaben bis hin zur Einhaltung digitaler Übermittlungsstandards. Automatisierung gilt als fundamentaler Lösungsansatz. Doch wie gelingt die effiziente Automatisierung der oft komplexen Steuerprozesse? 

Bei der globalen Expansion von Unternehmen wird das Thema Umsatzsteuer und andere indirekte Steuern zu einer vielschichtigen, abteilungsübergreifenden Aufgabe. Unterschiedliche Umsatzsteuer-Sätze, digitale Meldepflichten und nationale Sonderregelungen sorgen für hohe Anforderungen an die Erfassung, Meldung und Abrechnung von Steuern auf globaler Ebene. 

Laut dem Bericht Frictionless E-Commerce and Global Growth (2022) von Vertex haben 68 % der Unternehmen in den letzten Jahren mehr Geschäfte mit internationalen Kunden getätigt. Aufgrund dieses Booms sehen 59 % der Befragten die Expansion über digitale Kanäle als eine zentrale Wachstumschance, wobei die Hälfte ihren Fokus auf E-Commerce verstärkt. 68 % der Teilnehmenden betrachten die reibungslose Abwicklung des Handels als eine strategische Priorität für nachhaltigen Erfolg. Doch Wachstum bedeutet auch zunehmende Komplexität. 

🌍 Globale Herausforderungen bei der Umsatzsteuer-Compliance 

Um jederzeit in jedem Land ohne Einschränkungen verkaufen zu können, müssen Unternehmen in der Lage sein, alle länderspezifisch relevanten Steuern zuverlässig zu berechnen und zeitgleich den individuellen Vorschriften verschiedener Länder-Gerichtsbarkeiten (und zwar weltweit!) zu entsprechen – ohne dabei das Kundenerlebnis zu beeinträchtigen. Denn Geschäftsabläufe wie Ein- und Verkauf sollten für Kunden und Partner reibungslos bleiben. 

Doch das Umsatzsteuerrecht ist nicht nur komplex, sondern auch territorial stark fragmentiert. Allein innerhalb der Europäischen Union agieren 27 Mitgliedsstaaten mit 27 unterschiedlichen Ausprägungen der zugrundeliegenden Richtlinien. Wer als Unternehmen in neue Märkte expandieren möchte, steht somit vor der Aufgabe, eine Vielzahl von grundsätzlichen Anforderungen für Umsatzsteuer korrekt erfassen und einhalten zu müssen. Dazu gehören z.B. variierende Fristen, Formate und Übermittlungsmöglichkeiten. 

⏱️ Digitale Echtzeit-Compliance: Zwischen Pflicht und Chance 

Die Geschwindigkeit im globalen Handel und der Trend zu Echtzeit-Reporting zwingen Steuerabteilungen dazu, ihre End-to-End-Prozesse für indirekte Steuern neu zu denken. Steuerliche Verpflichtungen lassen sich nur erfüllen, wenn Übergabepunkte klar definiert sind und Datenprobleme frühzeitig erkannt werden. Unternehmen müssen entscheiden, ob sie den Compliance-Prozess intern steuern oder teilweise auslagern. Auch die Wahl zwischen zentralem oder dezentralem Steuermodell spielt eine wichtige Rolle, insbesondere, wenn mehrere Länder-Gerichtsbarkeiten betroffen sind.

Eine leistungsfähige technologische Grundlage ist der Schlüssel, um steuerliche Prozesse automatisiert, länderübergreifend und in Echtzeit steuern zu können.

Eine leistungsfähige technologische Grundlage ist hierbei entscheidend. Steuerabteilungen müssen ihren Technologie-Stack überprüfen und gezielt Lösungen integrieren, etwa eine Tax Engine, e-Invoicing-Komponenten, Echtzeit-Reporting-Tools sowie datenbasierte Funktionen mit KI oder Machine Learning.  

Besonders im B2B-e-Commerce zeigt sich, wie wichtig diese Infrastruktur ist: Bereits vor dem Kauf müssen Informationen wie die Umsatzsteuer-ID automatisiert geprüft werden, etwa um Betrugsversuche frühzeitig zu erkennen und fehlerhafte oder ungültige Angaben auszuschließen. Direkt nach der Bestellung entsteht eine steuerkonforme Rechnung, die im passenden Format an die Steuerbehörde übermittelt wird – idealerweise in Echtzeit. Je nach Land gelten unterschiedliche Übermittlungsvorgaben. Der gemeinsame Nenner ist jedoch klar: Echtzeit-Compliance entwickelt sich zum globalen Standard. 

🤖 Der Wandel zur „Tax Administration 3.0“ 

Viele Unternehmen arbeiten im Steuerbereich noch immer mit manuellen Prozessen. Etwa wenn es um das Zusammenführen von Daten aus verschiedenen Systemen oder die Prüfung von Transaktionsdetails geht. Mit zunehmender regulatorischer Dichte und wachsender Internationalisierung stoßen solche Ansätze jedoch an ihre Grenzen. 

 Die „Tax Administration 3.0“ verlangt von Unternehmen ein konsequentes Umdenken. Das Modell basiert auf Daten, Echtzeit-Einblicken und Automatisierung. Dieser Wandel im Prüfverfahren soll eine ereignisbasierte und detaillierte Echtzeit-Analyse auf Transaktionsebene aus steuerlicher Sicht vorantreiben. Hier kommt die elektronische Rechnungsstellung ins Spiel. Sie verhilft Steuerbehörden dazu, einen datengesicherten Ablauf aus der Perspektive der indirekten Steuern zu etablieren, die internationale Zusammenarbeit zu fördern und die Automatisierung dieser Prozesse und Daten durch interoperable Systeme zu ermöglichen. Die Ergebnisse: Eeine höhere Datenqualität, deutlich reduzierte Aufwände in der Buchhaltung und eine insgesamt gesteigerte Resilienz gegenüber Audits.  

 Für Steuerfachleute bedeutet dieser Wandel einen Rollenwechsel. Statt sich ausschließlich auf Steuersätze und Regelwerke zu konzentrieren, braucht es künftig technologische Kompetenzen, analytisches Denken und ein gutes Verständnis für Geschäftsprozesse. Die moderne Steuerfunktion verknüpft Fachwissen mit Datenverständnis. Nur so lassen sich steuerliche Prozesse effizient und sicher gestalten.  

FAZIT

Internationale Geschäftstätigkeiten bringen eine Vielzahl von steuerlichen Verpflichtungen mit sich. In diesem Umfeld ist die Automatisierung steuerlicher Prozesse längst eine Notwendigkeit. Wer heute in geeignete Technologien investiert, schafft damit nicht nur die Grundlage für rechtssichere Abläufe, sondern stärkt zugleich die eigene Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Marktumfeld.  

______________________


✍️ Selbst Lust darauf, Erfahrungen & Wissen zu teilen? Dann gerne hier eintragen:

→ BLOGGER WERDEN

 


 
IM BEITRAG ERWÄHNTE TOOL-KATEGORIEN  
UMSATZSTEUER

Moderne Umsatzsteuer-Software erleichtert die Arbeit durch Automatisierung und stellt sicher, dass alle steuerlichen Vorgaben eingehalten werden.

→ ZUR KATEGORIE

E-RECHNUNG

Steuerberater benötigen leistungsfähige Software, um elektronische Rechnungen effizient zu erstellen, zu empfangen und zu archivieren.

→ ZUR KATEGORIE

VAT-AUTOMATION

VAT-Automation-Tools helfen Steuerberatern, Umsatzsteuerprozesse zu automatisieren, Fehler zu vermeiden & die Compliance sicherzustellen.

→ ZUR KATEGORIE

DATENANALYSE

Datenanalysen helfen Muster in Finanzdaten zu erkennen, steuerliche Optimierungen vorzunehmen und fundierte Entscheidungen zu treffen.

→ ZUR KATEGORIE

KÜNSTLICHE INTELLIGENZ (KI)

Künstliche Intelligenz (KI) revolutioniert zahlreiche Branchen, und die Steuerberatung ist keine Ausnahme.

→ ZUR KATEGORIE

UST-ID PRÜFUNG

Diese Tools helfen Steuerberatern, die Gültigkeit von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern automatisiert und rechtssicher zu prüfen.

→ ZUR KATEGORIE

Juvesteuermarkt17 Beiträge 1920X1080px
NRW startet KI-Pilotprojekt in Ämtern

KI in der Steuerveranlagung

Nordrhein-Westfalen testet als erstes Bundesland ein KI-Modul zur automatisierten Steuerveranlagung. Ziel ist es, einfache Fälle schneller zu bearbeiten und so Ressourcen für komplexe Prüfungen freizusetzen. Das Tool ist Teil des KONSENS-Digitalisierungsprogramms.

BMF E Rechnung Beiträge 1920X1080px
Neuigkeiten vom BMF

Umsatzsteuer: Entwurf 2. BMF-Schreiben zur E-Rechnung

Das BMF hat am 25.6.2025 den Entwurf eines zweiten Schreibens zur Einführung der E-Rechnung ab dem 1.1.2025 veröffentlicht. Aufgrund der großen Bedeutung des Themas für die Wirtschaft wird der Entwurf bereits in diesem Stadium zu Informationszwecken allgemein veröffentlicht.

Schmidt BLOG 1920X1080px
Drei Lösungsansätze zur Reform

ELSTER-Monokultur: Digitaler Rückschritt oder notwendiger Standard? Teil 2

Der zweite Teil des Beitrages zeigt drei konkrete Wege auf, wie die digitale Kommunikation mit Finanzbehörden praxistauglicher gestaltet werden könnte: durch Technologieoffenheit, hybride Übergangslösungen und öffentlichkeitswirksame Kampagnen gegen digitale Engpässe wie #ELSTERfail.