„Wir können einfach nicht mehr auf Papierprozesse setzen“
Ein Beitrag von Katharina Kliem
Von 39 Druckern auf nur noch zwei Geräte in der gesamten Kanzlei: Seit sechs Jahren setzt die Bielefelder MDP-Einheit HLB Stückmann auf digitale Prozesse. JUVE Steuermarkt sprach mit dem Digitalteam über die kanzleieigene Digitalisierungsstrategie.
JUVE Steuermarkt: Wie gehen Sie das Thema Digitalisierung in der Steuerberatung an?
Heinrich Penner: Als klassischer IT-Experte ohne Steuerhintergrund erhöhe ich gleich zu Beginn einmal die Flughöhe, bevor wir uns auf das Fachliche konzentrieren. ,Triple-A-Strategie‘ heißt unser Digitalvorhaben. Das Thema Digitalisierung haben wir fest in unsere Unternehmensstrategie aufgenommen. HLB Stückmann ist seit langer Zeit digital aufgestellt, seit zirka sechs Jahren fokussiert unter dem Begriff „Digitalisierung“ – und dies sowohl intern als auch bei unseren Mandanten.

Was genau verbirgt sich hinter dem Namen "Triple-A-Strategie"?
Penner: Das steht für ‚any time, any place, any device‘. Es geht primär darum, auf das Wissen der gesamten Kanzlei und auf das, was uns zur Beratung der Mandanten zur Verfügung steht, jederzeit und von überall zugreifen zu können. Im Vordergrund steht, die verschiedenen Fachbereiche der Kanzlei, also die Steuerexperten, Wirtschaftsprüfer, Juristen sowie den Verwaltungsapparat miteinander zu verknüpfen. Unter "Triple-A" ist jeder Digitalisierungsschritt innerhalb der Kanzlei subsumiert.
Niels Doege: Unsere IT-Experten sind dabei fest mit den Fachbereichen der Kanzlei verwoben. Wir haben mittlerweile einen komplett digitalen Workflow etabliert. Mit dieser Digitalstrategie ist es uns nicht mehr möglich, auf Papierprozesse setzen. Das funktioniert nicht mehr. Dennoch: Ein Mandant mit Papierordner ist kein Ausschlusskriterium.
Mit Blick auf Ihre Mandantschaft: Die braucht Lösungen für den betrieblichen Alltag. Welche Strategie verfolgen Sie hier?
Prof. Dr. Oliver Middendorf: Von unseren Mandanten bekommen wir fast alles über unsere Austauschplattform zur Verfügung gestellt. Das treiben wir konsequent voran. Der nächste Schritt ist nicht nur der Austausch, sondern eine Kommunikationsplattform, auf der wirklich kommuniziert wird. Sprich, Mandanten und Kanzleimitarbeitende sollen in Echtzeit gemeinsam an Dokumenten arbeiten, Änderungen nachverfolgen und Feedback geben können.
Doege: Wir haben zuletzt die Möglichkeit von E-Signaturen eingeführt. Mandanten können Dokumente digital unterzeichnen. Damit passiert bei uns eigentlich nichts mehr per Post. Das beschleunigt den Prozess ungemein.

"Triple-A-Strategie" heißt unser Digitalvorhaben.
Heinrich Penner
Was genau bedeutet das für den Steuerbereich?
Middendorf: Es geht vor allem darum, die Effizienz zu steigern, von der alle im Team profitieren. Wir, ein Digitalteam bestehend aus neun Leuten, scannen den Markt nach IT-Lösungen, wir betreiben also so etwas wie "Trend-Watch". Tools testen wir mit Blick auf den eigenen Bedarf und darauf, was unsere Mandanten aktuell brauchen.
Penner: Ein Beispiel ist die beschriebene E-Signatur. Die Einführung hat uns gezeigt, dass das hervorragend funktioniert.

Holen sie zum bestehenden Digitalteam bei Bedarf weitere Kolleginnen und Kollegen an Bord?
Middendorf: Wir fahren seit einigen Jahren ein Programm, hier interne Kompetenzen aufzubauen. Das passiert sowohl in unserem allgemeinen Ausbildungsprogramm als auch in systematischen Schulungen unserer Mitarbeitenden. Ein Beispiel: Wir veranstalten regelmäßig am ersten Freitag im Monat die sogenannte ‚Aktuelle halbe Stunde‘. Hier informieren wir die Belegschaft über verschiedene kleine Tools und Helferlein.
Stefan Gäbel: Gerade unsere jungen Kolleginnen und Kollegen lechzen förmlich danach, digital zu arbeiten. Wichtig an dieser Stelle ist: Wir setzen niemanden Produkte vor, sondern holen für die Auswahl immer Fachmitarbeitende mit dazu. Wenn wir diese nicht mitnehmen, wird es schwierig. An den Tool-Testphasen kann jeder teilnehmen, der will. Wir versuchen, die nötigen Zeitslots dazu zu schaffen.
Penner: Alle zwei Wochen tragen wir unsere Ideen zusammen. Das Ganze ist also sehr institutionalisiert.
Nutzen Sie auch KI?
Middendorf: Im Steuerbereich interessiert uns sehr, was die hiesigen Fachverlage an Recherchemöglichkeiten bieten. Die KI-Lösungen der Verlage haben wir zum größten Teil auch abonniert. Die Recherche-Assistenten liefern uns zum Beispiel in Windeseile Zusammenfassungen von Kommentaren. Unsere Zieldefinition für KI-Anwendungen lautet: Effiziente Wissensgenerierung, Automatisierung von Prozessen und smarte Analysen.
Gäbel: Komplexe Sachverhalte sollen kombiniert und intelligent aggregiert werden – in Prognosen oder Prüfungswahrscheinlichkeiten.

Selbst wenn die KI ein Problem umreißen kann – gewichten muss es letztlich der Mensch.
Oliver Middendorf
Wo liegen aus Ihrer Sicht die aktuellen Herausforderungen beim Thema KI?
Doege: Die Herausforderungen liegen ganz klar darin, die eigene Arbeitsweise umzustellen.
Middendorf: Für die Ausbildung unserer Steuerexperten und Assistenten ist KI natürlich ebenfalls eine Herausforderung. Für so manches, wofür ich früher einen Assistenten losgeschickt habe, nutze ich nun die KI. Die Arbeitsweisen ändern sich. Das ist eine Frage des ,Change-Managements‘.
Was raten Sie explizit jungen Steuerexperten, wenn es um KI in der Steuerberatung geht?
Middendorf: Auf jeden Fall die Quellen zu checken. Sprich, nicht alles hinzunehmen, was die KI einem präsentiert, sondern dies kritisch zu hinterfragen. Mit dem Fokus auf Quellenkritik ändert sich auch die Methodenkompetenz der Mitarbeitenden. Was beispielsweise früher die Rechenergebnisse bei der Einkommensteuer waren, sind heute die Rechercheergebnisse der KI-Tools. Heißt: Früher haben wir die Rechenergebnisse auf Plausibilität geprüft; kann es richtig sein, was der PC gerechnet hat. Heute sind es die KI-Ergebnisse. Dafür sollte man sich unbedingt sensibilisieren.
Die menschliche Einschätzung bleibt also wichtig.
Middendorf: Ja, selbst wenn die KI ein Problem umreißen kann – gewichten muss es letztlich der Mensch. Denn daran scheitert die Maschine. Doch daraus entsteht wieder menschliche Kreativität. Und die brauchen wir, auch in der Steuerberatung.
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